| Sylvie Elise Trentzsch, Partner |
Am Begriff der Agilität lässt sich derzeit wunderbar das so genannte „Revolutionsdilemma“ aufzeigen: der Konflikt zwischen Veränderung und Bewahrung. Agilität löst auf der einen Seite völlig zu Recht einen Hype aus, erntet auf der anderen Seite jedoch auch postwendend Widerstand.
Eigentlich schade, denn im agilen Trend liegt sehr viel Gutes, wie das Aufweichen von strukturellen Verkrustungen, direktiver Führung und Reglementierungen sowie starren, mentalen Konzepten, was für die Weiterentwicklung und Evolution der immer komplexer werdenden VUKA-Welt unerlässlich ist.
Worum geht es nun bei agiler Führung? In erster Linie um eine flexible innere Haltung, ein bewegliches „Mindset“. Ein Vertrauen in die Selbstführung und Selbstorganisation der Mitarbeiter, eine erwachsene Begegnung auf Augenhöhe mit der positiven Zuschreibung, dass Mitarbeiter die Ressourcen, die Kreativität und Problemlösungskompetenz besitzen, vielen Herausforderungen selbstständig zu begegnen, und ein Loslassen der eigenen Kontrollbedürfnisse.
Dies lässt sich nicht verordnen, aber - wenn man möchte - trainieren, und zwar mit einem zunächst scheinbaren Gegenpol, der Achtsamkeit. Denn das bewusste Innehalten ermöglicht eine gesteigerte geistige Beweglichkeit. Wer Achtsamkeit trainiert, lernt, dass Glück und Lebensfreude nicht von äußeren Bedingungen abhängig sind. Man etabliert einen ruhigen und stabilen mentalen Zustand, wird von Gedankenströmen und den daraus resultieren Emotionen nicht mehr überwältigt und fühlt sich schnellen Veränderungen, hoher Komplexität und Unsicherheiten im Außen besser gewachsen. Ängste, Aggression und depressive Verstimmungen nehmen ab, der Kontakt mit sich und anderen Menschen wird geduldiger und mitfühlender. Dinge im Innen und Außen lassen sich gelassener annehmen. Das Gefühl des ‚Nur-von-außen-getrieben-werdens‘ weicht der Selbstbestimmtheit und Souveränität und nicht zuletzt gesteigerter Lebensfreue und Motivation für die Arbeit.
Das ermöglicht das Verlassen von unbewussten Verhaltensautomatismen, die Fähigkeit, Neuem zunächst ohne Bewertung zu begegnen und nicht zuletzt die Empathie für sich selbst und andere Menschen zu verfeinern. Beziehungen und Vertrauenskultur erlangen eine neue Tiefe, Fehler und Konflikte werden erwachsen und lösungsorientiert verhandelt. Achtsamkeit schafft Momente der Ruhe, stärkt die innere Kraft und Gelassenheit, zentriert das Denken und fördert die Intuition, mit der auch schnellere und nachhaltigere Entscheidungen getroffen werden. Denn wie schon Friedrich Nietzsche sagt: „Der Weg zu allem Großen geht durch die Stille.“
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